Entspannungsinduzierte Angst: Darum wirst du ängtlich beim Entspannen

Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, Tiefenatmung, Biofeedback und Achtsamkeitsmeditation können bei den meisten Menschen erfolgreich Ängste abbauen.

Dies ist jedoch nicht bei allen Menschen der Fall. Für eine bestimmte Untergruppe von Menschen können diese Methoden negative Auswirkungen haben und zu einer Zunahme der Angst führen, wenn sie sie anwenden (Heide & Borkovec, 1983).

Eine solche Auslösung und Verschlimmerung der Angst als Folge von Versuchen, die Stressreaktion des Körpers zu beruhigen, wird als „entspannungsinduzierte Angst“ (relaxation induced anxiety) bezeichnet.

Im Folgenden werden wir dieses Phänomen näher betrachten, untersuchen, warum und bei wem es auftritt, und abschließend einige praktische Ratschläge für Betroffene geben.

Ängstlich beim Versuch zu entspannen – Angst vorm Abschalten?

Entspannungstechniken gehören in der Regel zu den ersten Empfehlungen für Menschen mit erhöhtem Stress- und Angstniveau.

Und das hat seine Gründe, denn in den letzten Jahrzehnten hat sich die Literatur, die ihre angstmindernde Wirkung belegt, gehäuft.

Viele Menschen, die diese Techniken ausprobieren, scheinen jedoch nicht von ihren Vorteilen profitieren zu können.

Darüber hinaus gibt es Personen, die sogar über verstärkte Angstsymptome berichten, wenn sie versuchen, sich zu entspannen (Carrington, 1977).

Menschen, die in diese Kategorie fallen, erleben typischerweise eines oder mehrere der folgenden Symptome, wenn sie Entspannungstechniken anwenden:

  • Herzklopfen
  • verstärktes Schwitzen
  • Zittern der Extremitäten (Hände oder Beine)
  • schnelle Atmung oder Kurzatmigkeit
  • Gefühle der inneren Unruhe, um nur einige zu nennen.

Da diese körperlichen Erscheinungen das Ergebnis bewusster Entspannungsversuche sind, hat man dieses Phänomen als „entspannungsinduzierte Angst“ (engl. relaxation-induced anxiety, or RIA) bezeichnet.

Eine Studie, bei der 300 Universitätsstudenten untersucht wurden, ergab, dass 15 % von ihnen von RIA betroffen waren (Luberto, Cotton, & McLeish, 2012). Die klinische Praxis und Erfahrungsberichte deuten darauf hin, dass die Prävalenz wahrscheinlich noch höher ist.

Was ist entspannungsinduzierte Angst?

Entspannungsinduzierte Angst bezieht sich auf eine Zunahme von Stress, Angst oder körperlicher Erregung aufgrund von Entspannungsversuchen, typischerweise durch Techniken wie Achtsamkeitsmeditation oder Tiefenatmung.

Es wurde festgestellt, dass eine RIA häufiger bei Menschen auftritt, die klinisch bedeutsame Angstzustände haben.

Insbesondere wird vermutet, dass Erkrankungen wie Asthma, generalisierte Angststörung, Agoraphobie und soziale Angststörung die RIA begünstigen (Heide & Borkovec, 1984; Luberto, Cotton, & McLeish, 2012).

In der klinischen Praxis wird dieses Phänomen nur allzu oft übersehen, was zu paradoxen und daher negativen Behandlungseffekten führen kann.

Was verursacht entspannungsinduzierte Angst?

Die genauen Mechanismen, die der entspannungsinduzierten Angst zugrunde liegen, sind nach wie vor unklar. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die folgenden Hypothesen eine Rolle spielen (Heide & Borkovec, 1984).

Sensorische und physiologische Veränderungen können als unangenehm empfunden werden

Für manche Menschen, insbesondere für solche, die chronisch ängstlich oder angespannt sind, können sich die mit der parasympathischen Aktivität verbundenen Empfindungen ungewohnt anfühlen (Budzynski, Stoyva, & Pfeffer, 1980).

Das parasympathische Nervensystem (auch als Ruhe- und Verdauungssystem bezeichnet) ist unter anderem für die Auslösung einer Entspannungsreaktion verantwortlich.

Bei Aktivierung, z. B. durch eine Entspannungstechnik, können Empfindungen wie Hitze, Kälte, Schwere oder Schweben wahrgenommen werden (Budzynski, Stoyva, & Pfeffer, 1980; Carrington, 1977; Kanellakos & Lukas, 1974).

Ebenso kann die Entspannungsreaktion des Körpers verschiedene Arten von Sinneseindrücken (auditiv, olfaktorisch, visuell, gustatorisch) auslösen, die als unangenehm empfunden werden.

Darüber hinaus geht die Entspannung typischerweise mit physiologischen Veränderungen einher, wie z. B. einer spontanen Aktivierung der Skelettmuskulatur in Form von Zuckungen und/oder kleinen Ticks (Fenwick et. al., 1977; Goleman, 1971).

Techniken, die darauf abzielen, eine Entspannungsreaktion hervorzurufen, können zu plötzlichen Ausbrüchen der Aktivität des sympathischen Nervensystems führen (Carrington, 1977).

Dieser Teil des Nervensystems ist für die physiologische und körperliche Aktivierung verantwortlich und kann Symptome wie zitternde Gliedmaßen, vermehrtes Schwitzen oder Herzklopfen verursachen.

Physiologische Manifestationen dieser Art können von Menschen, die sich zu entspannen versuchen, als beunruhigend empfunden werden und zu einer Angstreaktion führen.

Unangenehme Gedanken und Gefühle können beim Entspannen auftauchen

In manchen Fällen kann Entspannung die Tür für eine Reihe von unangenehmen Gefühlen oder störenden Gedanken öffnen (Carrington, 1977; Glueck & Stroebel, 1975; Maupin, 1965).

Zum Beispiel können Traurigkeit oder Wut scheinbar aus dem Nichts auftauchen. Andere Menschen haben möglicherweise mit unangenehmen Gedanken oder Bildern zu kämpfen, die ihnen während der Entspannung in den Sinn kommen.

Es wird darauf hingewiesen, dass sich die Art der kognitiv-emotionalen Inhalte, die beim Üben von Entspannungstechniken erlebt werden, von den gewöhnlichen bewussten Inhalten unterscheiden kann (Carrington. 1977; French, Schmid, & Ingalls; 1975).

Das bedeutet, dass die Art der Inhalte zunehmend aggressiv, sexuell, instinktiv oder primitiv sein kann, was vermutlich durch eine verringerte Aktivität des limbischen Systems hervorgerufen wird (Glück & Ströbel, 1975).

Entspannungssignale können auf Furcht konditioniert worden sein

Menschen, die in der Vergangenheit während Phasen der Entspannung (oder Zeiten, in denen sie sich wohl und sicher fühlten) bestraft wurden, können Angst empfinden, sobald sie beginnen, sich zu entspannen (Denny, 1976).

In solchen Fällen können die mit der Entspannung verbundenen Signale, wie die oben erwähnten physiologischen Veränderungen, auf das Gefühl der Angst konditioniert worden sein.

Da Signale für den Beginn der Entspannung für diese Personen negative Ergebnisse vorhersagen, deutet der Beginn der Entspannung auf Gefahr hin. Daher kann die Entspannung eine Angstreaktion auslösen.

Eine andere Erklärung, die auf der Angstkonditionierung beruht, geht davon aus, dass bestimmte Stimuli, die während der Entspannung erlebt werden, Hinweisen ähneln, die mit negativen oder traumatischen Ereignissen verbunden sind (Heide & Borkovec, 1984).

So kann das Gehirn einer Person, die in ihrer Kindheit eine schwere Krankheit erlitten hat, physiologische Empfindungen, die während der Entspannung auftreten, mit dieser traumatischen Erfahrung assoziieren, da sie sehr ähnlich oder sogar identisch sein können.

Andere Beispiele, die in der Literatur genannt werden, sind Erinnerungen an eine Drogenüberdosis und körperliche oder geistige Überanstrengung.

In all diesen Fällen kann die aus der vergangenen traumatischen Erfahrung resultierende Angstkonditionierung eine Angstreaktion auslösen, wenn die betroffene Person mit übereinstimmenden Reizen konfrontiert wird, selbst wenn diese während der Entspannung auftreten.

Angst vor Kontrollverlust kann Ängste auslösen

Eine weitere Theorie bezüglich ängstlicher Reaktionen auf Stressabbau ist ein subjektiv empfundener Mangel an Kontrolle (Carrington, 1977).

Nach dieser Hypothese geht es nicht so sehr um die negative Natur von Gedanken, Gefühlen oder Bildern, die während der Entspannung auftauchen können, sondern vielmehr um das wahrgenommene Maß an Kontrolle, das der Einzelne über diese Erfahrungen zu haben glaubt.

Wenn eine Person von unangenehmen kognitiven oder affektiven Empfindungen mitgerissen wird und diesen Prozess nicht stoppen kann, kann sie mit Angst auf solche Erfahrungen reagieren.

Die zugrunde liegende Motivation für das ausgeprägte Bedürfnis, die Kontrolle zu behalten, ist in der Regel der Wunsch, negative Folgen zu vermeiden (Walsh, 1977).

Die Angst, die Kontrolle zu verlieren, äußert sich in der Regel darin, dass die Person Angst vor den möglichen negativen Folgen hat, die sich daraus ergeben könnten (Seligman, 1975).

Das heißt, dass einige Personen den Kontrollverlust mit psychologischen Zuständen wie Hilflosigkeit, Angst oder Depression in Verbindung bringen.

Bei sozialer Angst kann der Kontrollverlust auch zu einer negativen Bewertung durch andere und zu Gefühlen der Demütigung führen.

So kann eine Person, die während eines öffentlichen Auftritts die Kontrolle über ihr inneres Gefühlsleben verliert, darunter leiden, dass sie von den Zuhörern beurteilt oder herabgewürdigt wird.

Personen, die sich vor einem Kontrollverlust fürchten, fürchten daher vermutlich mögliche interne und/oder externe Konsequenzen, die sich daraus ergeben könnten.

Die Angst vor dem Unbewussten und der Verlust des Egos können echte Entspannung verhindern

Der psychoanalytischen Theorie zufolge sind Entspannung und Unbewusstes eng miteinander verbunden.

Die Angst vor Entspannung, insbesondere auf emotionaler und mentaler Ebene, wurde bei Menschen beobachtet, die ein zwanghaftes Verhältnis zu ihrem Beruf haben, die sehr unabhängig und selbständig sind und die zu sehr an einer logischen Sicht der Realität hängen (Martin, 1951).

Es wurde berichtet, dass Personen, die von diesen Merkmalen betroffen sind, dazu neigen, Angst vor der Dunkelheit oder vor dem Einschlafen zu haben, und eine starke Abneigung gegen Narkosemittel zeigen.

Betrachtet man echte Entspannung als die Fähigkeit, dem Ich zu erlauben, nicht mehr gegen unbewusste Triebe und Konflikte anzukämpfen und ihnen die Kontrolle zu überlassen, kann RIA auf eine Angst vor dem Unbewussten und dem Verlust der Ich-Kontrolle hinweisen (Martin, 1951).

Patienten können Angst davor haben, die Kontrolle an den Therapeuten abzugeben

Im therapeutischen Setting neigen die zwischenmenschlichen Problembereiche des Patienten dazu, in der Beziehung zum Therapeuten erneut durchlebt zu werden. Dieses Phänomen wird als Übertragung bezeichnet.

Eine Patientin kann zum Beispiel mit übermäßig kontrollierenden Eltern aufgewachsen sein. Deshalb begann sie, gegen dieses Verhalten zu rebellieren und dafür zu sorgen, dass sie ihre Beziehungen selbst kontrolliert anstelle der Anderen.

Wenn diese Patientin als Erwachsene einen therapeutischen Prozess beginnt, taucht in der therapeutischen Beziehung aller Wahrscheinlichkeit nach das erwähnte interpersonelle Verhaltensmuster auf, was bedeutet, dass sie versuchen würde, in der Therapie das Sagen zu haben (Malan, 1979).

Wenn ihr Therapeut bei dieser Patientin Entspannungstechniken anwendet, könnte es zu einer Angstreaktion kommen, da das Abgeben der Kontrolle an den Therapeuten sie wahrscheinlich an die Kontrolle durch ihre Eltern erinnern würde.

Evolutionsbedingte Muskelaktivierung ist möglicherweise ein Mittel des Selbstschutzes

Aus evolutionärer Sicht sind die Angst vor dem Einschlafen und die Angst vor dem Fallen aus der Höhe eng mit der Angst vor Entspannung verbunden (Lowen, 1975).

Da das Überleben unserer Vorfahren davon abhing, dass sie nicht von den Bäumen fielen, bedeuteten Empfindungen wie Fallen, Schwere und Sinken eine akute Gefahr.

Dadurch wurde die durch diese Empfindungen ausgelöste chronische Muskelanspannung zu einem adaptiven Merkmal und wurde von einer Generation an die nächste weitergegeben.

Spuren dieser genetischen Ausstattung können dazu führen, dass manche Menschen ihre Kampf-oder-Flucht-Reaktion aktivieren, wenn sie beginnen, sich zu entspannen.

Die Entspannung kann durch bewusste Entspannungsversuche gestört werden

Bewusstes Bemühen, bestimmte Ziele zu erreichen, ist in vielen Lebensbereichen sehr hilfreich.

Wenn man sich jedoch bei Ereignissen anstrengt, die eher spontan auftreten, sind solche Versuche in der Regel kontraproduktiv (Watzlawick, Weakland, & Fisch, 1974).

Wer zum Beispiel versucht, mit Willenskraft einzuschlafen, bleibt in der Regel wach.

Das Gleiche gilt für physiologische Vorgänge, die unter autonomer oder unbewusster Kontrolle stehen, wie z. B. die Vorgänge bei der Entspannung (Heide & Borkovec, 1984).

Wenn man sich bewusst anstrengt, um diese Ereignisse auszulösen, ist es wahrscheinlich, dass sie gar nicht erst eintreten.

Wer sich zum Beispiel bewusst bemüht, sexuelle Funktionsstörungen oder Stottern zu vermeiden, wird diese Symptome in der Regel verschlimmern (Folge, 1978).

Personen, die die negativen Folgen der Unfähigkeit zur Entspannung vermeiden wollen, wie z. B. ein erhöhtes Stressniveau und dessen Folgen, können diesem Paradoxon zum Opfer fallen, indem sie sich zu sehr anstrengen.

Entspannung kann als Zeitverschwendung angesehen werden

In unserer modernen Welt gibt es viele Menschen, die ein ständiges Bedürfnis verspüren, beschäftigt zu sein. Fortschritte zu machen und sich auf ihre Ziele zuzubewegen, ist für sie zu einem natürlichen Zustand geworden.

Mit dieser Denkweise neigen sie dazu, ein konstant hohes Aktivitätsniveau aufrechtzuerhalten, was der Ruhe und dem Nichtstun leicht in die Quere kommt (Heide & Borkovec, 1984).

Oft haben diese Menschen die Überzeugung, dass sie mit Arbeit überhäuft würden, sollten sie ihre Zeit mit Entspannung vergeuden.

Wenn die Betroffenen Entspannungstechniken ausprobieren, ist die Zeit, die sie mit dem Üben verbringen, oft mit Gedanken darüber gefüllt, wie sie ihre Zeit verschwenden, anstatt produktiv zu sein (Walsh, 1977).

Diese Gedanken und die ihnen zugrunde liegenden Überzeugungen können während des Entspannungsprozesses Angstreaktionen auslösen (Heide & Borkovec, 1984).

Angstsensibilität kann Angstgefühle verschlimmern

Viele Menschen mit psychischen Störungen sind davon überzeugt, dass Angstgefühle negative Folgen haben können (Ascher, 1980).

Eine Person mit einer sozialen Angststörung könnte zum Beispiel glauben, dass übermäßige Angst bei der Begegnung mit neuen Menschen zu einer negativen Bewertung führt.

Eine Person mit einer Panikstörung könnte davon überzeugt sein, dass Angstgefühle zu einem Herzinfarkt führen können.

Daher werden die Angstgefühle selbst von diesen Personen gefürchtet. Dieses Phänomen wird als Angstsensibilität bezeichnet (Mantar, Yemez, & Alkın, 2011).

Viele Entspannungstechniken leiten die Patienten an, ihre Aufmerksamkeit auf körperliche Empfindungen oder auf ihre aufkommenden Gedanken und Gefühle zu lenken.

Auf diese Weise ist es wahrscheinlich, dass sie sich ihrer eigenen Ängste und der damit verbundenen Empfindungen bewusst werden.

Bei Menschen mit ausgeprägter Angstsensibilität kann dies zu einem Anstieg ihrer Angstwerte führen (Heide & Borkovec, 1984).

Angst vor Selbstkonfrontation kann Angstreaktionen auslösen

Es wurde festgestellt, dass ein beträchtlicher Teil der Menschen eine ausgeprägte Abneigung gegen selbstgerichtete Aufmerksamkeit hat (Carrington, 1977).

Wenn sie ihre Aufmerksamkeit nach innen richten und mit sich selbst konfrontiert werden, kann dies für einge Menschen zu einer Belastung werden.

So reagieren manche Menschen mit erhöhter Erregung und Vermeidungsverhalten, wenn sie Spiegeln und Kameras gegenüberstehen oder ihre eigene aufgezeichnete Stimme hören (Holzman, Rousey und Snyder, 1966; Wicklund, 1975).

Es wird angenommen, dass die auf das eigene Selbst gerichtete Aufmerksamkeit das Bewusstsein für unerwünschte Aspekte des Selbst erhöht, was dann zu unangenehmen Gefühlen wie Angst führt (Sackheim & Gur, 1978).

Zum Beispiel können Menschen, die mit ihrem objektiven Selbst unzufrieden sind, dazu neigen, Angst zu empfinden, wenn sie sich mit sich selbst auseinandersetzen (Heide & Borkovec, 1984).

Während der Entspannung können Ängste und Sorgen auftauchen, die für jeden Einzelnen unterschiedlich sind

Wie jeder, der sich mit Achtsamkeitspraxis beschäftigt hat, sicherlich bestätigen kann, machen Sorgen über die Vergangenheit und die Zukunft einen großen Teil unseres täglichen Lebens aus.

Bei der Anwendung von Entspannungstechniken kommen häufig Sorgen über die eigene finanzielle Situation oder Beziehungsprobleme sowie Grübeleien über Ereignisse in der Vergangenheit oder Situationen in der Zukunft auf.

Manche Menschen können sich leicht von diesen Gedanken lösen, während andere sich nur allzu oft in ihnen verfangen.

Störende und ablenkende Gedanken negativer Art sind vermutlich ein weiterer Grund für entspannungsinduzierte Angst (Bernstein & Borkovec, 1983).

Wie bewältigt man entspannungsinduzierte Angst?

Wie du siehst, gibt es viele mögliche Gründe, warum Menschen ängstlich werden können, wenn sie versuchen, sich zu entspannen.

Die Forschung ist noch im Gange, und vieles muss noch aufgedeckt werden. Die folgenden Empfehlungen können jedoch für Menschen, die unter entspannungsinduzierter Angst leiden, hilfreich sein.

Was man gegen entspannungsbedingte Angst tun kann, hängt natürlich stark von den spezifischen Gründen ab, weshalb eine Person diese Angst erlebt.

Daher sind nicht alle der folgenden Tipps für jeden gleich gut geeignet.

Probiere eine andere Entspannungsmethode aus

Diese Empfehlung ist wahrscheinlich die naheliegendste. Wenn du bei der Anwendung einer bestimmten Entspannungstechnik ängstlich wirst, probiere eine andere aus.

Es hat sich gezeigt, dass viele Menschen, die bei der Anwendung einer bestimmten Technik eine RIA erleben, dies nicht mehr tun, wenn sie zu einer anderen Technik wechseln (Heide & Borkovec, 1983).

Bei manchen Menschen kann diese einfache Änderung bereits Abhilfe schaffen.

Senke deine Erwartungen

Menschen, die Entspannungstechniken anwenden, tun dies natürlich, um sich zu entspannen.

Dieser Wunsch kann jedoch zu paradoxen Effekten führen, indem er Stress und Ängste verstärkt, anstatt sie zu reduzieren.

In der alten buddhistischen und hinduistischen Kultur hat man dieses Paradoxon schon seit vielen Jahrhunderten verstanden.

Die Achtsamkeitspraktiken, die aus diesen Kulturen hervorgegangen sind, werden um ihrer selbst willen praktiziert, nicht um ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen.

In der heutigen westlichen Gesellschaft, in der Achtsamkeit üblicherweise als Mittel zur Selbstverbesserung eingesetzt wird, wird dieses Paradoxon oft übersehen.

Wenn du von diesem Phänomen betroffen bist, solltest du deine Erwartungen an die Entspannungspraxis zurückschrauben und dich auf die Akzeptanz dessen konzentrieren, was während dieses Prozesses geschieht.

Mit anderen Worten: Versuche, dich zu entspannen, ohne ein bestimmtes Ziel oder Ergebnis vor Augen zu haben.

Suche die wiederholte Exposition

Wie wir bereits erörtert haben, kann die Entspannung aufgrund einer in der Vergangenheit erfolgten Angstkonditionierung Anlass zu Unruhe geben.

Andere Gründe sind die Unvertrautheit mit den Empfindungen und physiologischen Veränderungen, die mit der Entspannung verbunden sind, oder die Angst davor, Angst zu empfinden.

In all diesen Fällen kann die wiederholte Anwendung von Entspannung über einen längeren Zeitraum hinweg als Lösung dienen.

Das heißt, genau wie bei der traditionellen Verhaltenstherapie setzt man sich so oft und so lange wie möglich mit den gefürchteten (aber harmlosen) Reizen auseinander, damit das Gehirn erkennt, dass keine Gefahr damit verbunden ist.

Mit der Zeit wird deine durch die Entspannung hervorgerufene Angstreaktion voraussichtlich abklingen.

Probiere paradoxe Absichten aus

Wenn du zu den Menschen gehörst, die ein starkes Kontrollbedürfnis haben, überwachst du wahrscheinlich deine physiologischen Reaktionen genau, um sicherzustellen, dass du die Kontrolle über deinen Geist und deinen Körper behältst.

In den meisten Fällen verstärkt dies jedoch die Angst, anstatt sie zu verringern.

Es wird nahegelegt, dass paradoxe Interventionen Menschen helfen können, die von diesem Dilemma betroffen sind (Asch, 1980, Folge, 1978).

Wenn du zum Beispiel feststellst, dass deine Entspannungsversuche und die Überwachung innerer Prozesse deine Angst verstärken, anstatt sie zu reduzieren, solltest du versuchen, deine Angst und deinen Stress so weit wie möglich zu verstärken (ja, zu verstärken).

Es hat sich gezeigt, dass solche paradoxen Absichten bei vielen Menschen funktionieren.

Schlaflose Menschen, die versuchen, wach zu bleiben, während sie im Bett liegen, schlafen zum Beispiel schneller ein, als wenn sie versuchen zu schlafen.

Dasselbe scheint auch für einige Personen mit entspannungsinduzierter Angst zu gelten.

Übe dich in achtsamer Akzeptanz

Ein wesentlicher Bestandteil der Achtsamkeitspraxis ist die bedingungslose Akzeptanz der fortlaufenden psychologischen Erfahrungen.

Viele Menschen, die an RIA leiden, haben große Schwierigkeiten mit diesem Prozess, da sie die aufkommenden Angstgefühle bewerten und sich gegen sie wehren.

Wie du sicher inzwischen weißt, führt dies dazu, dass Stress und Angst noch weiter verstärkt werden.

Wenn du also beim Versuch, dich zu entspannen, zunehmend Angstzustände erlebst, bist du gut beraten, wenn du die Achtsamkeitspraxis als Technik deiner Wahl wählst.

Wenn du sie regelmäßig anwendest, wirst du langsam aber sicher besser darin, unangenehme und beunruhigende Gefühle zu akzeptieren, was sich wahrscheinlich auf jede andere Entspannungstechnik ausweiten wird, die du anwendest.

Um mit der Achtsamkeitspraxis zu beginnen, hilft dir sicherlich unser Einführungsleitfaden weiter.

Erforsche potenziell zugrunde liegende Ängste

Wie bereits erwähnt, liegen der entspannungsinduzierten Angst manchmal unbewusste Konflikte und eine Angst vor Selbstreflexion zugrunde.

Wenn keine der anderen möglichen Ursachen für RIA auf dich zutrifft, besteht die Möglichkeit, dass ein unbewusster Teil von dir Angst vor dem Stillsein hat.

Da dieser Teil des Bewusstseins unbewusst ist, hast du keinen leichten Zugang zu ihm und brauchst vielleicht die Hilfe eines Fachmanns (in diesem Fall ist ein Therapeut mit psychodynamischem Hintergrund eine gute Option).

Mit ein wenig Selbstreflexion kannst du vielleicht auch selbst einige verborgene Ängste aufdecken. Sie bewusst zu machen ist ein wichtiger Schritt, um Hindernisse zu beseitigen, die einer echten Entspannung im Wege stehen.

Lege eine bestimmte Zeit zum Entspannen fest

Wenn du zur so genannten „Hustle-Kultur“ gehörst und befürchtest, dass du Zeit verlierst, wenn du versuchst, dich zu entspannen, ist die Antwort auf deine RIA ziemlich offensichtlich:

Erkenne das Bedürfnis nach Ruhe, Auszeit und Entspannung und nimm dir Zeit dafür.

Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass Workaholics und übermäßig gestresste Menschen leicht ausbrennen und krank werden, wenn sie keinen Weg finden, ihren Lebensstil zu ändern.

Sich eine feste Zeit zur Entspannung zu nehmen, ist ein erster Schritt in Richtung eines gesünderen und nachhaltigeren Lebensstils.

Außerdem sollte es dir helfen, deine entspannungsinduzierte Angst zu reduzieren.

Versuche nicht, eine Entspannungsreaktion zu erzwingen

Wenn du in diesem Artikel bis hierher gekommen bist, ist dir dieser letzte Tipp wahrscheinlich schon klar.

Versuche nicht, eine Entspannung zu erzwingen.

Je mehr Mühe du dir gibst, eine Entspannungsreaktion herbeizuführen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie eintritt. Vielmehr verschlimmert diese Denkweise in der Regel Stress und Ängste.

In unserer modernen Gesellschaft haben wir gelernt, dass wir mit Willenskraft fast alles erreichen können.

Das mag zwar für viele Dinge gelten, aber unsere autonomen physiologischen und psychologischen Reaktionen fallen sicher nicht in diese Kategorie.

Eine angstmindernde Entspannung ist das Ergebnis des Loslassens. Wir hoffen, dass dieser Artikel dir bei diesem Vorhaben hilft.

Außerdem solltest du dir unseren kostenlosen 7-tägigen E-Mail-Kurs nicht entgehen lassen.

Er wird dir helfen, Einblicke in die Auslöser und Symptome deiner Angst zu gewinnen, praktische Werkzeuge zur kurz- und langfristigen Linderung deiner Angst zu erlernen und dich unter fachkundiger Anleitung auf den Weg zu einem zufriedeneren und selbstbewussteren Leben zu machen.

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Über den Autor: Martin Stork

Martin ist ausgebildeter Psychologe mit einem Hintergrund in Physiotherapie. Er hat verschiedene Selbsthilfegruppen für Menschen mit sozialer Angst in Washington, DC und Buenos Aires, Argentinien, organisiert und geleitet. Er ist der Gründer von Conquer Social Anxiety Ltd, wo er als Autor, Therapeut und Leiter tätig ist. Du kannst hier klicken, um mehr über Martin zu erfahren.

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